Im Speisesaal und der Kapelle – und dass das so nicht gut klingt

Frage

[…] Es geht um die Präpositionen bei Aufzählungen, wenn sie teilweise mit dem Artikel verschmolzen sind. Ein Beispiel: „im Speisesaal und der Kapelle“. Kann man einfach die Präposition vor dem zweiten Substantiv weglassen? Ich würde schreiben: „im Speisesaal und in der Kapelle“. Gibt es dazu eine „offizielle“ Regel?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

wirklich „offiziell“ ist sie nicht und sie ist eher stilistisch als grammatikalisch, aber es gibt eine Regel, die besagt, dass man Präpositionen nicht einsparen sollte, wenn sie einmal mit dem Artikel verschmolzen sind und einmal getrennt vom Artikel oder ohne Artikel stehen. Sie schreiben also besser nicht:

im Speisesaal und der Kapelle
Unterstützung beim Erlernen und der Anwendung der Regeln
Man sprach vom Leben und den Werken der Künstlerin.
vom Einsparen und Stilistischem

Es ist hier besser, die Präposition zu wiederholen:

im Speisesaal und in der Kapelle
Unterstützung beim Erlernen und bei der Anwendung der Regeln
Man sprach vom Leben und von den Werken der Künstlerin.
vom Einsparen und von Stilistischem

Wie immer, wenn es nicht um knallharte Grammatik (soweit es so etwas überhaupt gibt), sondern um Stilistisches geht, begegnet man häufiger Formulierungen, die diese „Regel“ nicht einhalten. Deshalb noch einmal: Die Formulierung im Speisesaal und der Kapelle ist nicht grundsätzlich falsch, aber stilistisch nicht besonders gelungen (siehe auch hier unter Einschränkungen).

Sie greifen hier deshalb besser zur Wiederholung als zu einer Einsparung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr, Bopp

Kann man sie überall hintransportieren, überallhin transportieren oder überall hin transportieren?

Frage

Ich frage mich gerade, welche Schreibvariante richtig ist:

a) Die Duschkabine kann problemlos überall hintransportiert werden.
b) Die Duschkabine kann problemlos überallhin transportiert werden.
c) Die Duschkabine kann problemlos überall hin transportiert werden.

[…] Im Netz finde ich sehr viele Fundstelle, die der Schreibvariante c) entsprechen. Wie könnte man das erklären?

Antwort

Guten Tag Herr B.,

hier sollten Sie diese Schreibweise wählen:

b) Die Duschkabine wird flach verpackt geliefert und kann problemlos überallhin transportiert werden.

Adverbien wie woher, wohin, irgendwoher, irgendwohin, nirgendwoher, nirgendwohin, überallher und überallhin werden in Verbindung mit einem Verb in der (gesprochenen) Alltagssprache oft getrennt:

Wo kommst du her?
Alle sind willkommen, wo sie auch herkommen mögen.
Wo gehst du hin?
Ich weiß nicht, wo sie hingefahren ist.

Insbesondere in der geschriebenen Standardsprache sollten diese Adverbien jedoch ungetrennt bleiben:

Woher kommst du?
Alle sind willkommen, woher sie auch kommen mögen.
Wohin gehst du?
Ich weiß nicht, wohin sie gefahren ist.

Entsprechend schreibt man auch besser:

Sie ist irgendwohin gegangen (statt irgendwo hingegangen)
Sie könnten überallher kommen (statt überall herkommen)
Sie können überallhin transportiert werden (statt überall hintransportiert)

Vgl. diesen älteren Blogartikel.

Die dritte Schreibweise, überall hin transportieren, ist nicht richtig. Dass Sie ihr offenbar so oft begegnen, könnte unter anderem an der automatischen Rechtschreibkorrektur liegen. Das Korrekturprogramm meines Textverarbeitungsprogramms akzeptiert korrekt überallhin transportieren und fälschlich auch überall hin transportieren als richtig geschrieben. Nicht akzeptiert wird überall hintransportieren. Als Korrekturvorschlag erscheint dort das eigentlich falsche überall hin transportieren, aber leider nicht das korrekte überallhin transportieren. Korrekturprogramme sind hilfreich, aber – wie man sieht – nicht „allwissend“.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn Pronomen sich häufen: „entgegengesetzt zu denen dessen, der …“

Frage

Ich komme in einer Frage einfach nicht weiter. Ich fand folgende Formulierung:

Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets entgegengesetzt waren zu denen dessen, der die Bühne gerade verlassen hatte.

Ich bin eigentlich überzeugt, dass es heißen muss „entgegengesetzt zu denen desjenigen, der“, finde aber beim besten Willen den Grund nicht, warum nicht „dessen“ auch gehen könnte. Können Sie mir helfen?

Antwort

Guten Tag Frau L.,

eine Formulierung mit desjenigen wäre besser verständlich, aber dessen ist hier nicht falsch. Der Zweifel oder die Schwierigkeit entsteht dadurch, dass hier zwei Demonstrativpronomen und ein Relativpronomen aneinandergereiht werden: denen dessen, der. Gemeint ist damit ungefähr dies:

entgegengensetzt zu den Absichten des Menschen, der
entgegengensetzt zu den Absichten dessen, der
entgegengensetzt zu denen dessen, der

Eine solche Abfolge ist stilistisch insofern nicht sehr gelungen, als sie meist schwierig verständlich ist. Sie ist aber nicht ausgeschlossen:

Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets entgegengesetzt waren zu denen dessen, der die Bühne gerade verlassen hatte.

Hier noch ein paar Beispiele solcher Formulierungen:

Weil sich das Wesen des Fußballs weniger in den Geschichten seiner Helden offenbart als in denen derer, die an ihm gescheitert sind.

Im Grunde unterscheiden sich unsere Gefühle nicht stark von denen derer, die uns hier nicht wollen.

Terroir ist also nicht nur der „lokale Fingerabdruck“ in einem Wein, sondern auch der dessen, der ihn zum Ausdruck bringt.

Ein Werk, das uns unseren Tod und den derer, die wir lieben, zeigt

Die zwei Seelen in Liszts Brust – die des musikalischen Visionärs und die dessen, der geistigen Frieden suchte – verschmolzen schon früh einmal.

[E]r hat damit wirklich die Grenzen des musikalisch Möglichen erweitert und auch die dessen, was in einer Oper szenisch für angemessen gehalten wurde

die Geschichten der Menschen, die die Kleider gefertigt haben, und die derer, die sie tragen.

Diese Sätze sind, wie gesagt, nicht falsch. Die Beispiele zeigen aber (falls man die Enerige dafür aufbringen kann, sie zu lesen), dass sie nicht leicht verständlich sind. Es wäre deshalb m.M.n. häufig besser, anders zu formulieren. Zum Beispiel:

Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets entgegengesetzt waren zu denen desjenigen, der die Bühne gerade verlassen hatte.

Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets denen der Person entgegengesetzt waren, die die Bühne gerade verlassen hatte.

Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets den Absichten desjenigen entgegengesetzt waren, der die Bühne gerade verlassen hatte.

Wer gerne elegant gehoben formuliert, darf dies natürlich tun. Wer Mitleid mit den Lesenden hat, formuliert besser etwas „umständlicher“.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Es muss nicht unbedingt „zu der Zeit, zu der“ sein

Frage

Ich frage mich schon länger, ob man „zu der Zeit, als/wenn“ sagen kann oder ob man „zu der Zeit, zu der“ sagen muss?

Antwort

Guten Tag Frau E.,

man kann zu der Zeit, zu der sagen, es ist aber wegen der Wiederholung von zu der nicht die schönste Formulierung, die das Deutsche je hervorgebracht hat:

zu der Zeit, zu der die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
zu dem Zeitpunkt, zu dem  er verhaftet wurde

Es gibt daneben zum Glück noch verschieden andere Möglichkeiten:

Mit zu der Zeit ist meistens ein Zeitpunkt in der Vergangenheit gemeint (zu der Zeit = damals). Dann ist ein Anschluss mit als sehr gebräuchlich, aber auch da, in der und wo sind möglich:

zu der Zeit, als die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
zu der Zeit, da die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
zu der Zeit, in der die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
(zu der Zeit, wo die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war)

zu dem Zeitpunkt, als er verhaftet wurde
zu dem Zeitpunkt, da er verhaftet wurde
zu dem Zeitpunkt, an dem er verhaftet wurde
zu dem Zeitpunkt, in dem er verhaftet wurde
(zu dem Zeitpunkt, wo er verhaftet wurde)

Dabei gehört da eher zum gehobenen Sprachgebrauch. Bei wo scheiden sich die Geister. Es ist im Prinzip auch standardsprachlich akzeptiert, aber manche schließen wo aus, wenn es sich auf eine Zeitangabe bezieht. Sie müssen deshalb auf mögliche Kritik mehr oder weniger wohlwollender Mitmenschen gefasst sein, wenn Sie hier wo verwenden.

Mit zu der Zeit kann seltener auch ein allgemeiner Zeitpunkt oder ein gegenwärtiger oder zukünftiger Zeitpunkt gemeint sein (zu der Zeit = dann). Dann kann mit wenn oder wie oben mit da, in der oder wo angeschlossen werden:

zu der Zeit, wenn die Rosen blühen
zu der Zeit, da die Rosen blühen
zu der Zeit, in der die Rosen blühen
(zu der Zeit, wo die Rosen blühen)

bis zu dem Zeitpunkt, wenn der Vertrag aufgelöst wird
bis zu dem Zeitpunkt, da der Vertrag aufgelöst wird
bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Vertrag aufgelöst wird
bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Vertrag aufgelöst wird
(bis zu dem Zeitpunkt, wo der Vertrag aufgelöst wird)

Man muss also nicht unbedingt zu der Zeit, zu der sagen. Es gibt eine Auswahl an Alternativen für zu der: allgemein übliches als oder wenn, eher gehobenes da, neutrales in der und „urtümliches“, aber nicht von allen gleichermaßen akzeptiertes wo.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Speakerinnen und Speaker oder Sprecherinnen und Sprecher

Frage

Mich würde Ihre Ansicht zur Verwendung von „Speakerinnen und Speaker“ im PR-Bereich etc. im Sinne von „Sprecherinnen und Sprecher“ sehr interessieren. Zumindest laut Duden eigentlich nur Verwendung von „Speaker“ im politischen Sinn. Ist die Verwendung des englischen Begriffes deshalb im PR-Bereich etc. bislang noch abzulehnen?

Antwort

Guten Tag Frau L.,

in Duden und in anderen Wörterbüchern erscheint Speaker als Personenbezeichnung meist nur für die entsprechenden Amtsbezeichnungen in Großbritannien und in den USA. Die Bedeutung Sprecher/Sprecherin oder Redner/Rednerin findet man dort nicht. Wenn ein Wort nicht in den Wörterbüchern steht, heißt das nicht zwangsläufig, dass man es nicht verwenden darf oder nicht verwenden sollte. Es heißt häufig einfach, dass ein Wort es noch nicht ins Wörterbuch geschafft hat.

Duden nennt weiter auch Speaker als Fachwort für Lautsprecher. Als solches ist es ein Fremdwort für einen Begriff, für den es auch ein deutsches Wort mit der gleichen Bedeutung gibt. Inwieweit das Lehnwort dann „sinnvoll“ ist, sei hier dahingestellt. Tatsache ist, dass Speaker häufig für Lautsprecher verwendet wird und so Eingang in den deutschen Wortschatz gefunden hat.

Wenn im Marketing, im PR-Bereich usw. Speaker/Speakerin für Sprecher/Sprecherin geläufig ist, kann man diese Verwendung für unnötig oder unschön halten, falsch ist sie aber nicht. Die Wörter werden sogar der deutschen Grammatik angepasst, wie unter anderem die folgenden Wortformen zeigen: des Speakers, die Speaker; Speakerin, Speakerinnen.

Es gibt keine Instanz, die die Verwendung von Fremdwörtern in Fachsprachen und in der Allgemeinsprache verbindlich verurteilen kann. Ich persönlich würde Speaker/Speakerin nicht verwenden, weil der englische Begriff im Vergleich zu den deutschen Entsprechungen Sprecher/Sprecherin oder Redner/Rednerin keine wesentlich andere Bedeutung oder Bedeutungskomponente hat. Gerade im PR-Bereich u. Ä. soll aber Englisch einen moderneren, internationaleren oder professionelleren Eindruck machen. Dies ist wahrscheinlich häufig der Grund für die Wahl des englischen Begriffs. Vielleicht findet man auch einfach, dass Speaker besser zu zum Beispiel Keynote passt als Sprecher, Redner oder gar Referent.

Ob man den Begriff Speaker/Speakerin ablehnt oder nicht, ist keine „offizielle Entscheidung“, sondern eine Frage des (persönlichen) Stils. Meine Empfehlung: Innerhalb der entsprechenden Fachsprachen ist der Begriff bereits gebräuchlich (aber man muss ihn natürlich nicht verwenden). In der Allgemeinsprache vermeidet man ihn besser.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Feuer am Brennen halten

Frage

Kann man das Feuer auch standardsprachlich „am Brennen halten“ oder ist das Umgangssprache? […]

Antwort

Guten Tag Frau S.,

Formulierungen wie am Brennen halten gelten (noch?) als umgangssprachlich. In einem formaleren standardsprachlichen Kontext würde ich deshalb eher Formulierungen wie diese empfehlen:

das Feuer in Gang halten
das Feuer (die ganze Nacht) brennen lassen
das Feuer (mit dürrem Holz) unterhalten

Wie häufig bei stilistischen Fragen sollte man sich allerdings überlegen, ob man wirklich gleich den Rotstift zücken oder den ermahnenden Zeigefinger heben will, wenn einmal jemand etwas am Brennen halten will.

Ich halte in diesen dunklen Tagen die Weihnachtsbeleuchtung noch bis zum Dreikönigstag am Brennen 😉

Ein gutes neues Jahr!

Dr. Bopp

Wer weiß/wusste, wozu er imstande ist/war?

Frage

Ich möchte in einem Text in der personalen Perspektive die Gedanken einer Figur aufschreibe und ausdrücken, dass sie sich fragt: „Wer weiß, wozu er imstande ist?“ Im Präsens ist das ja ganz einfach, aber im Präteritum? „ Wer weiß, wozu er imstande war“, geht das? Ich habe noch nie gelesen „Wer wusste, wozu er imstande war“.

Antwort

Guten Tag Frau W.,

die Formulierung „Wer wusste, wozu er imstande war?“ ist korrektes und gebräuchliches Deutsch:

Sei fragt sich, wer weiß, wozu er imstande ist?
Sie fragte sich, wer wusste, wozu er imstande war?

Wer weiß, wozu sie fähig ist?
Wer wusste, wozu sie fähig war?

Wer wusste, wozu es gut sein konnte?

Wer wusste schon, wozu es gut war?

Bei Gegenwartsbezug, also wenn das Imstandesein auch im Sprechzeitpunkt noch gilt, ist auch das Präsens möglich:

Wer wusste, wozu er imstande ist.
(vgl. Wer wusste [damals], wozu er [auch heute noch] imstande ist.)

Auch die folgende Formulierung ist möglich. Damit wird aber gesagt, dass man sich heute fragt, wozu er früher imstande war:

Wer weiß, wozu er imstande war.
(vgl. Wer weiß [heute], wozu er [damals] imstande war.)

Wirklich feste Regeln zum Tempusgebrauch gibt es im Deutschen übrigens nicht. Deshalb kommen – auch im Standarddeutschen – weitere Formulierungsarten vor.

Sie zweifeln vielleicht, weil  Sie dieses wer weiß als rein formelhafte Verstärkung eines Zweifels verstehen und wusste deshalb für Sie nicht richtig passen will. Dann können Sie auch erwägen, schon einzufügen oder bei der direkten Rede zu bleiben:

Wer wusste schon, wozu er imstande war.
Sie fragte sich: „Wer weiß, wozu er imstande ist?“

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Heißt es „etwas, was“ oder „etwas, das“?

Frage

Ich beziehe mich auf die Diskussion über etwas das/was in diesem Blogartikel. Vor Jahrzehnten hatte ich fast schon Streit darüber mit einem meiner Übersetzer. — In meiner kleinen Welt (bin Autor) ist das eine Relativkonstruktion, daher nehme ich mir heraus, das Relativpronomen zu verwenden. Das kann doch so falsch nicht sein. Was sagen Sie?

Antwort

Guten Tag Herr L.,

Sie machen nichts falsch, ob Sie nun das Relativpronomen das oder das Relativpronomen was verwenden (hier ist beides ein Relativpronomen). Wie im zitierten Artikel steht, gilt sowohl etwas, was als auch etwas, das als korrekt – dies auch standardsprachlich.

Das ist etwas, was ich nicht verstehe.
Das ist etwas, das ich nicht verstehe.

Gemäß der „Grammatikregel“ steht das Relativpronomen was nach sächlichen Demonstrativ- und Indefinitpronomen wie zum Beispiel das, dasjenige, dasselbe; alles, einiges, nichts, vieles, manches, weniges, etwas u. a.

Das, was du hier siehst …
Ihr habt alles, was man sich nur wünschen kann.
Es gibt einiges, was ich nicht verstehe.
Du sagst dasselbe, was du gestern schon behauptet hast.

Das gilt im Prinzip auch für das Indefinitpronomen etwas. Hier wird dennoch häufig das verwendet. Dies geschieht unter anderem aus stilistischen Gründen, weil dadurch die Wiederholung von was verhindert wird:

Das ist etwas, was nicht alle akzeptieren.
Das ist etwas, das nicht alle akzeptieren.

Wer es strengen Grammatikerinnen recht machen will, nimmt etwas, was. Wer es strengen Stilisten recht machen will, wählt etwas, das. Alle anderen nehmen das, was ihnen besser gefällt. Es geht hier also nicht um etwas, was oder das zu Streit führen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Mit oder ohne „bei“: Der Wert liegt bei[?] unter 10 Prozent?

Frage

Könnten Sie mir bitte sagen, welcher der beiden folgenden Sätze korrekt ist?

Der Wert liegt bei unter 10 Prozent.
Der Wert liegt unter 10 Prozent.

Antwort

Guten Tag Frau F.,

im Prinzip reicht in den folgenden Fällen eine Formulierung ohne bei:

Der Wert liegt unter 10 Prozent.
Der Wert liegt über 10 Prozent.
Der Wert liegt zwischen 10 und 15 Prozent.

Die Präposition bei kommt dann zum Zug, wenn unmittelbar ein Zahlenwert folgt:

Der Wert liegt bei 10 Prozent.

Ebenso zum Beispiel:

Die Temperatur liegt unter 20 Grad.
Die Temperatur liegt über 20 Grad.
Die Temperaturen liegen zwischen 18 und 25 Grad.

Die Temperatur liegt bei 20 Grad.

Man kommt also bei Formulierungen dieser Art immer mit nur einer Präposition aus.

Soweit die „Logik“ und die Deutlichkeit eines einfachen Systems. Wie so oft hält sich aber die Sprache hier weder an die Logik noch an ein genau abgegrenztes System. In der Sprachrealität werden unter und über in solchen Angaben häufig  mit bei kombiniert (was, ehrlich gesagt, auf Anhieb auch in meinen Ohren ganz akzeptabel klingt):

Der Wert liegt bei über 10 Prozent.
Die Temperatur liegt bei unter 20 Grad.

Das kommt so oft vor, dass ich es zwar als zu wortreich, stilistisch weniger gelungen und nicht empfehlenswert bezeichnen würde, aber nicht als grundsätzlich falsch. Und wer zweifelt, weicht einfach auf zum Beispiel übersteigen oder höher/tiefer sein als aus.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Und auch schreibt man am Satzanfang besser nicht „und auch“

Frage

Irgendwie kommt mir folgender Satz komisch vor:

Und auch brauche ich Informationen …

Dabei ist „und“ Position 0, „auch“ Position 1 und das Verb steht auf Position 2 – alles in Ordnung – oder? Der Satz „Auch brauche ich mehr Geduld und Toleranz“ scheint mir richtig zu sein. Mit einem „Und“ davor hört es sich falsch an. Warum?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

Ihre Beispielsätze klingen mit und am Anfang tatsächlich seltsam. Richtig ist, dass sie ohne und so lauten:

Auch brauche ich Informationen …
Auch brauche ich mehr Geduld und Toleranz.

Weiter gilt, dass mit und selbstständige Sätze miteinander kombiniert werden können. Dabei kann man und nach einem Punkt an den Anfang des zweiten Satzes stellen. Da es eine Konjunktion ist, gehört es nicht zum Satz und nimmt die Position 0 ein:

Und auch brauche ich Informationen …
Und auch brauche ich mehr Geduld und Toleranz.

Das müsste theoretisch richtig sein, so klingt es aber nicht. Warum? Es ist unnötig doppelt ausgedrückt. Und und auch haben hier am Satzanfang dieselbe Funktion und drücken ungefähr dasselbe aus. Am Satzanfang hat allein stehendes auch (fast) die gleiche Funktion wie und, nämlich Sätze miteinander zu verknüpfen. Wir haben es bei den beiden Sätzen oben also mit einer doppelten Verknüpfung zu tun.

Wenn man auch ins Satzinnere verschiebt, hat es offenbar eine weniger starke verbindende Funktion, denn dann ist die Kombination mit und möglich:

Und ich brauche auch Informationen …
Und ich brauche auch mehr Geduld und Toleranz.

Und wenn man auch am Satzanfang durch ein anderes Wort ersetzt, wird es noch besser:

Und weiter/zusätzlich brauche ich Informationen …
Und außerdem brauche ich mehr Geduld und Toleranz.

Man sollte also Und auch am Satzfang vermeiden, da und und auch dort ungefähr die gleiche Funktion haben. Es reicht, eines von beiden zu wählen. Häufig ist es sowieso besser, mit Wörtern wie außerdem, weiter oder zusätzlich anzuschließen.

Ist Und auch am Satzanfang immer zu vermeiden? Es wäre natürlich viel zu schön, wenn es so einfach wäre. Die Einschränkung gilt dann, wenn auch allein an erster Stelle steht, das heißt, wenn nach ihm gleich das Verb folgt. Wenn auch Teil des Satzgliedes ist, das an erster Stelle vor dem Verb steht, ist Und auch möglich:

Und auch ich finde, dass es so nicht weitergehen kann.
Und auch mit der Wahlbeteiligung war die Kommission zufrieden.

Ganz ohne weiteren Zusammenhang, sehen diese Sätze vielleicht nicht allzu schön aus, aber im richtigen Kontext können sie gut passen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp